Das Innere des Quantenlabors, eine niedrige Kameraeinstellung, Frontansicht. 1455925649
Innovation 04.02.2025 4 Min.
Quantencomputing bei der BMW Group.

Die BMW Group setzt schon heute auf die Technologien der Zukunft: Seit 2017 beschäftigt sie sich intensiv mit dem Potenzial von Quantencomputing. Dieses nutzt die Gesetze der Quantenmechanik und kann bestimmte Rechenoperationen so deutlich schneller und effizienter durchführen als klassische Computer es können. Auf diese Art und Weise könnten in naher Zukunft bisher unlösbare komplexe Probleme in Bereichen wie Materialwissenschaften oder Künstlicher Intelligenz gelöst werden. Der folgende Artikel gibt einen kurzen Überblick über die Funktionsweisen von Quantencomputern und beleuchtet deren Anwendungsfelder für die BMW Group.

WAS IST QUANTENCOMPUTING?

Quantencomputer funktionieren grundlegend anders als bisherige Computer: Traditionelle Computer arbeiten mit Bits, die entweder den Wert 0 oder 1 annehmen können. Dabei muss ein Rechenvorgang abgeschlossen werden, bevor der nächste beginnt. Quantencomputer basieren hingegen auf den Prinzipien der Quantenmechanik, insbesondere auf den Konzepten von Superposition und Verschränkung (Entanglement). Sie nutzen als Dateneinheit keine Bits, sondern Qubits, die gleichzeitig in mehreren Zuständen – also gleichzeitig sowohl im Wert 0 als auch im Wert 1 – existieren können. Durch diese sogenannte Superposition können Quantencomputer viele Berechnungen parallel durchführen. Zudem können Qubits miteinander verschränkt werden, sodass der Zustand eines Qubits unmittelbar den Zustand eines anderen beeinflusst, selbst über große Entfernungen hinweg.

Was klingt wie Science-Fiction, birgt immenses Potenzial und ermöglicht es Quantencomputern, bestimmte Probleme exponentiell schneller zu lösen als klassische Rechner, insbesondere bei der Lösung von komplexen Optimierungsaufgaben. Für industrierelevante Probleme ist diese Innovation derzeit noch nicht in Verwendung, mögliche Anwendungsbereiche sind in Zukunft jedoch unter anderem in der Kryptographie, in den Materialwissenschaften, im Kontext der Künstlichen Intelligenz (KI) sowie des Maschinellen Lernens denkbar. 

STRATEGIE UND ANWENDUNGSFELDER.

Bereits seit 2017 beschäftigt sich bei der BMW Group ein Team aus Expertinnen und Experten mit der vielversprechenden Technologie und baut ihr Verständnis dafür seither immer weiter aus. Nach einer intensiven Evaluationsphase formulierte die BMW Group im Jahr 2020 eine Strategie. Andre Luckow, Leiter Innovation & Emerging Technologies der BMW Group, beschreibt die Relevanz in diesem Kontext wie folgt: „Wir verstehen das Quantencomputing als strategische Zukunftstechnologie, die unserem Kerngeschäft nützen kann und uns als Innovationsführer positioniert. Mit unseren Aktivitäten in diesem Feld wollen wir zudem den Standort Europa in seiner digitalen Souveränität stärken.“

Mit den angesprochenen Aktivitäten sind die möglichen industriellen Anwendungen von Quantencomputern im Rahmen dreier umfangreicher Anwendungsfelder gemeint: Materialwissenschaften, Engineering und Prozesse. In Hinblick auf Materialwissenschaften könnte die höhere und effizientere Rechenleistung etwa dabei helfen, robuste und gleichzeitig leichte Materialien zu finden. Im Engineering könnte sie durch schnellere oder genauere Aerodynamik- oder Crashsimulationen die virtuelle Entwicklung verbessern und innerhalb von Prozessen (beispielsweise in der Logistik oder in der Produktion) bei Optimierungsproblemen unterstützen. In allen drei Feldern denkt die BMW Group jeweils auch die Rolle von KI mit. Luckow meint dazu: „Die Verknüpfung von Quantencomputing mit KI eröffnet nochmals neue Möglichkeiten.“ Insgesamt hat Quantencomputing „das Potenzial, Innovationen in sämtlichen Branchen neu zu definieren“, sagt Robert Bruckmeier, General Manager Computing & Network Artificial Intelligence bei der BMW Group. 

Auch an der Forschung zum Thema Quantencomputing ist die BMW Group maßgeblich beteiligt und setzt auf eine enge Vernetzung mit Universitäten und Forschungseinrichtungen. So stiftete sie im Jahr 2021 eine Professur an der TU München und Anfang 2024 eine Professur an der RWTH Aachen. Das Team in München forscht dabei an den algorithmischen Grundlagen für die industrierelevante Anwendung und die Forscherinnen und Forscher in Aachen konzentrieren sich auf konkrete Softwarelösungen und Softwarekompetenzen. 

Darüber hinaus ist die BMW Group Mitglied des Konsortiums QUTAC  (Quantum Technology & Application Consortium), welches große deutsche Unternehmen vernetzt und so den Einsatz von Quantencomputing in der Industrie vorantreibt.

ZUSAMMENARBEIT DER BMW GROUP MIT NVIDIA, CLASSIQ UND AIRBUS.

Um ihre Expertise im Kontext von Quantencomputing noch weiter auszubauen, arbeitet die BMW Group mit den beiden Unternehmen Classiq und Nvidia zusammen. Das Ziel dieser Kooperationen ist es, die elektrischen und mechanischen Architekturen in zukünftigen Fahrzeugen zu optimieren. Die neue Technologie soll in diesem Zusammenhang vor allem den Zweck erfüllen, komplexe Designprobleme wie etwa Antriebsstrang- und Kühlsystemoptimierung zu lösen. Weitere Aufgaben für die Rechenleistung von Quantencomputern sind die effiziente Integration von Motoren und Batterien sowie die Verbesserung von Fertigungsprozessen, zum Beispiel bei der Planung von Roboterwegen in den Werken der BMW Group. 

Lukas Müller, Team Future Compute bei der BMW Group, erläutert: „Unsere Kollaboration mit Classiq und Nvidia hat eine innovative Quantenanwendung hervorgebracht und zeigt, was dadurch in der Automobilbranche in Zukunft möglich sein kann.“  

Auch mit Airbus arbeitet die BMW Group zusammen. Gemeinsam mit weltweit anerkannten Experten für Quanteninformatik wählten die beiden Unternehmen im Rahmen der Quantum Computing Challenge Ende 2024 bereits zum zweiten Mal fünf Gewinner-Teams aus, die sich mit der Lösung von Mobilitätsproblemen auseinandergesetzt haben. Das Ergebnis: vielversprechende Fortschritte sowohl für die Automobil- als auch für die Luftfahrtindustrie. 

EIN QUANTUM ZUKUNFT: WIE ES WEITERGEHT.

Die praktische Anwendung von Quantencomputing in der Industrie steht noch am Anfang. Daher ist kontinuierliche Forschung nötig, um die tatsächlichen Möglichkeiten dieser Technologie weiter zu ergründen und ihr Potenzial, bestehende Prozesse der BMW Group zu revolutionieren, nutzen zu können. Dementsprechend setzt die BMW Group auch weiterhin auf die strategische Erforschung und Erprobung von Quantencomputing, um ihre Rolle als Innovationstreiberin zu stärken. 

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