Indonesischer Regenwald
Nachhaltigkeit 08.12.2022 4 Min.
Schutz für Menschen und Ökosystem im indonesischen Regenwald.

Eine Angehörige der indigenen Bevölkerung erklärt die Hintergründe einer Kooperation zwischen der BMW Group, Pirelli und BirdLife International.

Seit 2021 engagiert sich die BMW Group gemeinsam mit Pirelli und der Non-Profit Organisation BirdLife International im Projekt „Living Rubber“ dafür, den Hutan Harapan Regenwald auf Sumatra zu erhalten. Der Name – Hutan Harapan – bedeutet Wald der Hoffnung. Neben Hoffnung sind allerdings konkrete Maßnahmen erforderlich, um die Biodiversität und damit auch die indigenen Gemeinschaften in der Region zu schützen. Eine intakte Natur ist essenziell als Lebensgrundlage für die Bevölkerung, die dort lebt.

Das Projekt „Living Rubber“ unterstützt zum einen dabei, Naturkautschuk nachhaltig zu produzieren und dadurch auf Menschen, Tiere und Pflanzen der Region Rücksicht zu nehmen. Zum anderen befähigt das Projekt junge Frauen dazu, über Landwirtschaft zu lernen und eine Ausbildung zu erhalten.

Der Regenwald Hutan Harapan ist die Heimat der indigenen Gruppe der Batin Sembilan. So ist es nur natürlich, dass diese eng in das Programm eingebunden ist. Die 44-jährige Bi Teguh ist Kautschukfarmerin und engagiert sich gegen die illegale Rodung des Waldes. Sie sieht sich in der Verantwortung, den Regenwald zu schützen und zu bewahren, denn die dort lebenden Menschen brauchen ihn zum Überleben. Die BMW Group hat ein Interview mit Bi Teguh geführt, in dem sie das Projekt und dessen Bedeutung für die Menschenrechte, die Frauenförderung und den Umweltschutz in der Region erklärt.

TEGUH SANTIKA
Kautschuk läuft aus einem Baum

Kautschukfarmerin, Bi Teguh.

Kautschukbaum im Regenwald Hutan Harapan.

BMW Group: Wann wurde Ihnen bewusst, dass der Regenwald bedroht ist?

Bi Teguh: Ganz genau weiß ich es nicht mehr, aber die Probleme begannen, als die Palmölgesellschaft gegründet wurde. Unbefugte Eindringlinge begannen mit der Brandrodung, und seitdem ist das Wetter unberechenbar und unsere Ernten schrumpfen.

Was sind die Ziele dieses Projekts?

Der Hutan Harapan ist sehr wichtig für mich und unsere Gemeinschaft, insbesondere für die Frauen. Er ist unsere Heimat und bietet uns viele der Dinge, die wir zum Leben brauchen.

Daher schützen wir den Hutan Harapan gemeinsam. Zum Beispiel indem wir Patrouille gehen, um den Regenwald zusammen mit unseren Söhnen, Männern und anderen Frauen zu bewachen. Wir machen das, damit unsere Kinder dank Projekten wie diesem eine bessere Zukunft haben und weil es den Besitzern der Gummibaum-, Obst- und anderen Plantagen hilft.

Warum ist es so wichtig, Frauen an der Erhaltung und am Schutz der Region zu beteiligen?

Weil Frauen und Männer unterschiedliche Prioritäten haben. Unsere Frauen nutzen die Wälder stärker: Wir gehen dort fischen und sammeln Brennholz, Rattan, Dammarharz und vieles mehr. Die Männer hingegen gehen nur an bestimmte Stellen im Wald, um Drachenblut und Sialang-Honig zu sammeln. Das ist im Wesentlichen alles, was sie machen.

Wir Frauen engagieren uns mehr für den Schutz des Waldes, weil wir Tag für Tag auf ihn angewiesen sind.

Welche neuen Fähigkeiten brauchen die Frauen in der Hutan Harapan Region und warum?

Viele von uns können weder lesen noch schreiben, und auch sonst wissen wir vieles nicht. Durch Bildung wird sich das ändern. Wir erwerben zum Beispiel Kenntnisse über Hygiene oder auch über Landwirtschaft und Pflanzenanbau. Wir lernen nicht nur, welche Pflanzen wir anbauen sollten, sondern auch wie tief und in welchen Abständen man sie einpflanzt und wie man sich um sie kümmert. Wir beschäftigen uns intensiv mit dem neuen Wissen. Wir pflanzen die Samen, und wir hegen und pflegen sie. Wir besuchen Kurse und lernen, weil der Wald unsere Zukunft ist.

Wir hoffen sehr, dass das „Living Rubber“-Projekt nicht nur eine vorübergehende Sache ist. Der Input der Beteiligten ist wirklich wichtig für uns. Wir wünschen uns, dass das Projekt in den kommenden Generationen weitergeführt wird, damit auch unsere Kinder, Enkel und Urenkel davon profitieren können.

Wie sind Sie zu dem Projekt gekommen?

Es ist meine Verantwortung, den Hutan Harapan zu schützen und zu bewahren – auch wenn wir ihn nicht komplett schützen können, weil die unbefugten Eindringlinge uns mittlerweile zahlenmäßig überlegen sind. Wichtig ist, dass wir alles tun, was wir können, und unsere Kräfte bündeln – gemeinsam mit unseren Männern und Kindern. Wir müssen uns mit Leib und Seele für den Schutz des Waldes einsetzen, weil wir ihn für unser Überleben brauchen.

Was ist Ihre Rolle in dem Projekt?

Meine Aufgabe ist, insbesondere Gruppen von Kindern und Frauen anzuleiten. Ich plane, wohin wir gehen, erkläre, was zu tun ist, wenn wir auf Eindringlinge treffen oder eine illegale Hütte oder dergleichen finden. So sieht meine Rolle in der Waldpatrouille aus.

Außerdem informiere ich über verschiedene Aktivitäten wie Landwirtschaft, Pflanzenanbau und Schulungen.

Ich bin in einer großen Familie aufgewachsen, und obwohl ich eigentlich noch jung bin, bin ich im Familiengefüge schon alt. Ich bin also immer die Anführerin, das Familienoberhaupt.

2018 haben Sie vor einem internationalen Auditorium eine Rede über die Notwendigkeit gehalten, den Hutan Harapan vor illegaler Entwaldung und der illegalen Ausbreitung von Palmölplantagen zu schützen. Wie kam es dazu?

Ich wurde eingeladen, in Jakarta zu sprechen [von der Gruppe PT REKI, der eine offizielle Lizenz zur Verwaltung und Wiederherstellung des Hutan Harapan Gebiets als Ökosystem erteilt wurde]. So etwas hatte ich vorher noch nie gemacht, weshalb ich ziemlich nervös war. Ich sollte sieben Minuten reden, doch ich fasste mich kürzer, weil ich so aufgeregt war!

Man sagte mir, ich solle einfach erzählen, was mir wichtig war. Alle brauchen den Wald. Nicht nur die Ameisen, Pflanzen und Tiere, sondern auch die Menschen. Darum habe ich das Thema angesprochen und den Ministern und dem Präsidenten speziell dazu etwas gesagt.

Hätten Sie jemals damit gerechnet, zu einer international bekannten Fürsprecherin für dieses Thema zu werden?

Niemals. Ich hatte schon Angst davor, ins Flugzeug zu steigen! Doch zum Wohle des Waldes, meiner Freunde, Kinder und Enkel habe ich es getan. Unsere Zukunft liegt nicht in der Stadt, sondern im Wald. Wir müssen über unser Problem sprechen, um wahrgenommen zu werden. Unbeteiligte haben vielleicht noch nie etwas von uns gehört, also trete ich öffentlich auf, wann immer ich eingeladen werde. Ich tue alles, was nötig ist, um den Wald zu retten.

Welche Hoffnung haben Sie?

Wenn wir die Entwaldung aufhalten können, besteht noch Hoffnung. Der Wald ist immer noch recht groß – groß genug, um uns das zu geben, was wir brauchen. Rattan, Harz und andere notwendige Dinge gibt es nach wie vor.

Außerdem werde ich älter. Ich habe drei Kinder und drei Enkel. Dies ist das Mindeste, was ich für sie tun kann.

Meine Hoffnung ist also, dass das “Living Rubber“-Projekt künftigen Generationen helfen wird, das zu bekommen, was sie zum Leben brauchen. Ich wäre sehr dankbar, wenn wir das gemeinsam erreichen könnten.

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