Elektroautos reduzieren den Ausstoß von CO2. Damit das nicht nur für die Nutzungsphase auf der Straße gilt, braucht es eine ganzheitliche Strategie.
Die Dekarbonisierung in der Automobilindustrie beginnt bereits in der Lieferkette. Das heißt, bei der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen und Prozessen, die weit vor der eigentlichen Fahrzeugproduktion liegen. Um auch diesen Teil in die gezielte Verringerung von Emissionen einzubeziehen, folgt die BMW Group einem umfassenden 360 Grad-Ansatz. Erklärtes Ziel: die Reduktion der CO2-Emissionen aus der Wertschöpfungskette um 40 Prozent pro Fahrzeug bis 2030 gegenüber dem Stand von 2019. Denn mit dem Hochlauf der Elektromobilität verlagert sich der Schwerpunkt der CO2-Emissionen von der Nutzungsphase der Autos auf die Zulieferkette vor der Produktion. E-Mobilität hat längst das Nischendasein verlassen:
Bereits heute bietet die BMW Group 25 vollelektrische Modelle („BEVs“) in zwölf Modellreihen an. Bis 2030 soll jeder zweite BMW, MINI oder Rolls-Royce rein elektrisch fahren. Besonders kritisch in Bezug auf den CO2-Ausstoß ist die ressourcenintensive Produktion von Hochvoltbatterien. „Damit rücken diese Bauteile automatisch in den Fokus einer künftigen erfolgreichen Dekarbonisierungs-Strategie“, unterstreicht Hendrik Lang, Bereichsleiter Strategie, Nachhaltigkeit, und Digitalisierung, dieser Tage anlässlich der London Climate Week.
Beitrag der Zulieferer immer wichtiger.
Die Herausforderung dabei: Ein Großteil der Rohstoffe für Fahrzeugkomponenten der BMW Group stammt von externen Zulieferern. Auf sie richtet sich nun vermehrt das Augenmerk.
Lang erläutert im Detail: „Von Batterien für Elektrofahrzeuge, die mit Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Quellen hergestellt werden, über Aluminium aus Solarenergie bis hin zu CO2-reduziertem Stahl: Wir überprüfen in allen Bereichen, wie wir die Emissionen am stärksten reduzieren können. Gleichzeitig stellen wir sicher, dass unsere weltweiten Produktionsstandorte mit jenen 36 Millionen Teilen versorgt werden, die sie jeden Tag benötigen. Die richtigen Mengen müssen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein – und das in bester Qualität. Das ist eine enorme Herausforderung. Gleichzeitig ist es aber auch eine große Chance, energie- und ressourceneffizienter zu arbeiten.“
Wandel gelingt nur über Zusammenarbeit.
Der größte Teil der CO2-Emissionen entsteht früh in der Wertschöpfungskette, lange bevor Komponenten überhaupt die Produktion der BMW Group erreichen. Entsprechend weit „unten“ setzen die Maßnahmen bei den Lieferanten an. In die Abnahmeverträge werden CO2-mindernde Maßnahmen für die Zulieferer verpflichtend eingebaut. 2023 lag die Zahl dieser Vertragsvereinbarungen bereits bei 707. Die dadurch bestätigte Reduzierung von CO2-Emissionen beträgt 1,7 Millionen Tonnen.
Ermöglicht wird dies durch die Verwendung recycelter Materialien, die ständige Optimierung von Prozessen oder den Einsatz CO2-optimierter Stoffe. Entscheidende Größe dabei ist der Einsatz von Strom aus regenerativen Quellen, der allein für rund die Hälfte der erreichten Ziele verantwortlich ist.
Für mehr Resilienz: “Local for Local”.
Ebenfalls wichtig in diesem Zusammenhang ist der “local for local“-Ansatz. Das bedeutet, dass über die Kooperation mit regionalen Lieferanten Materialien möglichst aus der Nähe bezogen werden. Denn kürzere Transportwege verkleinern den CO2-Fußabdruck, stärken die Flexibilität und machen so das gesamte Produktionsnetzwerk resilienter.
Eine Kreislaufwirtschaft für die Batteriezelle.
Natürlich stellt sich die BMW Group die Frage, inwieweit die ressourcenintensive Produktion von Hochvoltbatterien an sich optimiert werden kann. Dazu wieder Hendrik Lang: „Die Batterien für die Neue Klasse, also die neue elektrifizierte BMW Modellgeneration ab 2025, werden recyceltes Kobalt, Lithium und Nickel enthalten. Diese ‚Sekundärrohstoffe‘ werden also nicht neu geschürft, sondern sind bereits im Kreislauf. Zusammen mit der Verpflichtung, bei der Herstellung von Batteriezellen ausschließlich Ökostrom zu verwenden, spielen sie eine Schlüsselrolle dabei, den CO2-Fußabdruck unserer Batterieproduktion zu reduzieren.“
Kohlenstoffarme Metalle: Schwerpunkt Stahl und Aluminium.
Ein weiterer Schwerpunkt der CO2-Einsparmaßnahmen liegt auf den beiden am häufigsten benutzten Materialien in der Autoindustrie: Stahl und Aluminium. Deshalb setzt die BMW Group zusammen mit ihren Lieferanten konsequent darauf, diese emissions-intensiven Metalle kohlenstoffärmer zu machen. So stammt etwa die Hälfte des in den USA verarbeiteten Flachstahls aus Schrottrecycling. Zudem wird in den Elektrolichtöfen regenerativer Strom eingesetzt, was die CO2-Emissionen ebenfalls um etwa 50 Prozent senkt. Bis 2026 wird ein Drittel des weltweit von der BMW Group verwendeten Stahls aus kohlenstoffärmeren Quellen stammen, bis 2030 soll es schon der überwiegende Teil des Gesamtbedarfs sein.
Ähnliche Erfolge beim Aluminium: Mehr als ein Drittel des in der Landshuter Leichtmetallgießerei verwendeten Metalls wird schon heute in Dubai mit Solarenergie hergestellt. Seit 2024 wird Ökostrom auch bei der Herstellung der Aluminium-Gussräder bei BMW und MINI eingesetzt – und spart damit mehr als die Hälfte der CO2-Emissionen des bisherigen Energiemixes ein.
Ein neues Daten-Ökosystem.
Die womöglich besten Werkzeuge im Kampf gegen die CO2-Emissionen sind aber keine Rohstoffe: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sind entscheidende Faktoren, um die enormen Herausforderungen beim Management der Dekarbonisierung anzugehen. Transparenz und Kohärenz für die Berechnung von CO2 in der gesamten Autoindustrie sind nur möglich, wenn die hochkomplexen Datenströme aus der Lieferkette nachverfolgbar sind und gemeinsam genutzt werden. Das geht mit entsprechenden digitalen Lösungen.
Ein sehr erfolgversprechender Ansatz heißt Catena-X. Dabei handelt es sich um eine Initiative der Autoindustrie zur Digitalisierung der Wertschöpfungskette zwischen Automobilherstellern, Lieferanten, Unterlieferanten und in Zukunft auch Recyclingunternehmen. Ziel ist es, ein neues Datenökosystem zu schaffen, das umfassende Informationen über CO2-Werte und die Rückverfolgbarkeit von Komponenten und Rohstoffen bereitstellt. Catena-X bietet in Zukunft großes Potenzial, zeigt aber schon heute, was es leisten kann: die Modellierung einer vollständigen Datenkette zum Product Carbon Footprint (PCF) des BMW iX-Nierengrills ist ein erstes konkretes Anwendungsbeispiel.
Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmensstrategie – seit 1973.
Die Schritte in eine dekarbonisierte Zukunft sind also vielversprechend – und folgen doch letztlich nur einer guten Tradition. Denn Nachhaltigkeit ist bei der BMW Group schon lange fester Bestandteil der Unternehmensstrategie: Bereits 1973 hat sie einen eigenen Umweltbeauftragten ernannt. Heute übernimmt das Unternehmen die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs. Dazu gehört ein 360 Grad-Ansatz für die Dekarbonisierung, bei dem auch die Lieferkette eine entscheidende Rolle spielt. Die Fortschritte in diesem Ansatz dokumentiert die BMW Group jährlich detailliert im BMW Group Bericht.