Vegan in die Zukunft.
Nachhaltigkeit 7 Min.
Vegan in die Zukunft.

Die Nachfrage nach veganen Ausstattungen steigt stetig an. Die BMW Group entwickelt gemeinsam mit Start-ups hochwertige Lederalternativen. Dabei sinkt der CO2-Fußabdruck von Oberflächen um bis zu 85%.

Es fühlt sich gar nicht so anders an, dieses neue Lenkrad. Weich und doch robust, auf Druck gibt es leicht nach. Lediglich die Narbung am Lenkradkranz sieht anders aus als bisher. Erstmals ist es möglich geworden, für die wichtigste Schnittstelle zwischen Fahrer und Fahrzeug einen adäquaten Lederersatz zu verwenden. Der Unterschied macht sich kaum bemerkbar, hinterlässt aber eine merkliche Veränderung.

Die Nachfrage nach veganen und lederfreien Ausstattungen steigt stetig weiter an. Die BMW Group verstärkt daher ihre Bemühungen, die Fahrzeuge wie auch die Produktion im Sinne ihres Zirkularitätsansatzes Re:Think, Re:Duce, Re:Use, Re:Cycle zu transformieren. Bereits im kommenden Jahr wird die BMW Group die ersten Automobile mit komplett veganen Innenräumen auf den Markt bringen. Möglich wird dies vor allem durch die Entwicklung innovativer Materialien mit lederähnlichen Eigenschaften. Durch den Verzicht auf Leder werden rund 85 Prozent der CO2-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette für die betroffenen Innenraumkomponenten eingespart – bei gleichbleibendem Qualitätserlebnis.

Veganes Material ist so robust wie Leder.

An die Oberflächen des Lenkrads werden besonders hohe Anforderungen hinsichtlich Anmutung, Verschleißfestigkeit und Langlebigkeit gestellt. Uwe Köhler, Leiter Entwicklung Karosserie, Exterieur und Interieur der BMW Group, verspricht, dass es Abrieb, Schweiß und Feuchtigkeit standhält: „Das zukünftig eingesetzte Lenkrad aus hochwertigem veganem Oberflächenmaterial entspricht den herausragenden Ansprüchen einer Premium-Marke und ihrer Kunden und ist hinsichtlich Haptik, Optik und Funktionalität gleichwertig mit Leder.“

Mit der Einführung der neuen Oberflächenqualität für Lenkräder wird der Anteil der Fahrzeugkomponenten, die Spuren von tierischen Ausgangsstoffen tragen, in den entsprechenden Fahrzeugen von BMW und MINI auf weniger als ein Prozent sinken. Damit verbleiben zum Beispiel lediglich verschiedene wachsartige Substanzen wie Gelatine als Bestandteil von Schutzbeschichtungen, Lanolin in Lacken, Talg als Hilfsstoff in Elastomeren sowie Bienenwachs als Flussmittel für Lack.

Bereits heute stehen hochwertige Textilausstattungen und Lederalternativen für Sitz- und Interieuroberflächen unterschiedlicher Art zur Auswahl. Darüber hinaus entwickelt die BMW Group im Rahmen ihrer Materialforschung und in Kooperation mit Start-up-Unternehmen neue biobasierte Oberflächen. Die Herstellung von Lederalternativen mit biobasierten Rohstoffen, 100 Prozent recyceltem Polyester-Textil und Korkpartikeln ermöglichen eine Reduzierung der CO2-Emissionen gegenüber heutigem PVC-Kunstleder um bis zu 45 Prozent. 

Kaktus-Leder spart Wasser und CO2.

Eines dieser Startups ist die mexikanische Firma Adriano di Marti, die kaktusbasierte Materialien für die Automobilindustrie herstellt: DeserttexTM besteht aus pulverisierten Kaktusfasern und einer biobasierten Polyurethan-Matrix. Die BMW Group arbeitet gemeinsam mit dem Unternehmen daran, ein kaktusbasiertes Material für die Automobilindustrie zur Serienreife zu führen. „Wir sind überzeugt, dass unsere kaktus-basierten veganen Biomaterialien signifikant zu den Nachhaltigkeitsbestrebungen der Automobilindustrie beitragen, indem wir traditionelles Rindsleder durch nachwachsende, vegane Alternativen ersetzen“, sagen die Gründer Marte Cázarez und Adrián López Velarde. Nach eigenen Angaben speichern ihre Kaktusfelder jährlich 8.100 Tonnen CO2 im Boden. Die Kakteen kommen ohne Bewässerung aus, außerdem fällt kein Abwasser an, da anders als bei Rindsleder, keine traditionelle Gerberei mit Chemikalien notwendig ist. Im Gegensatz zur Rinderaufzucht entsteht auch kein klimaschädliches Methangas.

Ein weiteres innovatives Produkt ist das zu 100 Prozent biobasierte und erdölfreie MirumTM. Es hat das Potenzial, künftig alle traditionellen Eigenschaften von Leder zu imitieren und ist komplett wiederverwertbar. Seit vergangenem Jahr beteiligt sich BMW i Ventures an dem Unternehmen Natural Fiber Welding, um das Startup bei der Kommerzialisierung seiner Produkte zu unterstützen. „Natural Fiber Welding hat ein innovatives Verfahren entwickelt, um Pflanzen in ein natürliches, zu 100% recycelbares Material umzuwandeln, das alle Eigenschaften von traditionellem Leder imitiert. Eine skalierbare, kostengünstige Alternative zu Leder mit Premium-Qualitäten zu haben, ist der Schlüssel, um die Dekarbonisierung der Automobilindustrie weiter voranzutreiben“, sagt Kasper Sage, Managing Partner bei BMW i Ventures.

Impulse aus der Mode- und Möbelindustrie.

Eine möglichst intensive Wiederverwertung von Werkstoffen ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Circular Economy, die Rohstoffe so lange wie möglich in einem Kreislauf hält. Mit visionären Sitzstudien präsentiert das BMW Group Design Ideen für konkrete Anwendungsbeispiele von weiteren innovativen Materialien und Produktionsmethoden. Sie sollen einen Beitrag zu einem geringeren CO2-Ausstoß sowie zu einem erhöhten Einsatz von Sekundärmaterialien liefern und zugleich eine neue, hochwertige Ästhetik im Innenraum zukünftiger Automobile etablieren. „Sitzstudien sind eine Symbiose aus Materialentwicklung und Design“, erklärt Annette Baumeister, Leitung BMW Material- und Farbdesign. Dabei lasse man sich auch von der Mode- und Möbelindustrie inspirieren, etwa für die MINI-Sitzstudie „3D-Knit“. In einem ressourcenschonenden 3D-Strickverfahren wird ein Monomaterial mit vollständiger Recyclingfähigkeit eingesetzt. Es fallen so gut wie keine Produktionsabfälle an und im Vergleich zum konventionellen Herstellungsprozess ist der 3D-Strick weniger zeitaufwendig. Es wird zudem in einem Stück produziert, was zu einer besonders hochwertigen Anmutung ohne jegliche Nähte führt. Der im 3D-Strickverfahren erzeugte Stoff bietet einen hohen Klimakomfort und eine besonders moderne Ästhetik.

„Wir testen, wie die innovativen Materialien kombiniert werden können und wie sie einsetzbar sind. Dabei schaffen wir einzigartige Sitze in neuer Ästhetik, die auch zu Diskussionen einlädt. Ein Austausch ist wichtig, etwa um neuen Luxus zu definieren.“ Nachhaltiges Design würde dabei aber nicht die Ästhetik einschränken: „Wir legen den Fokus auf Wertigkeit, Qualität und Modernität“, sagt Annette Baumeister.

Visionäre Materialien sind ressourcenschonend, kreislauffähig, ästhetisch.

Sitzoberflächen sind ein zentrales Element in der Gestaltung von Fahrzeuginnenräumen und haben eine hohe Bedeutung für die Wahrnehmung des Ambientes durch den Kunden. Spannende Farbkombinationen und überraschende Oberflächentexturen ermöglichen ein neuartiges Lifestyle- und Luxuserlebnis, das stark von einem Bewusstsein für Nachhaltigkeit geprägt ist. Darüber hinaus setzt das Bemühen um die Schonung von Ressourcen und die Reduzierung von CO2-Emissionen wertvolle Impulse für Innovationen in den Bereichen Design und Materialauswahl.

Die größte Herausforderung in der Entwicklung neuer Materialien besteht immer darin, sie zur Serienreife zu führen und damit auch in der Breite verfügbar und einsatzfähig zu machen. Daher werden Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Sekundärrohstoffe und der nachhaltigen Materialien von der BMW Group konsequent forciert. Durch den reduzierten Einsatz von Rohstoffen tierischer Herkunft kombiniert mit einer signifikanten CO2-Reduzierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette kommt die BMW Group ihrem zentralen Ziel der Klimaneutralität Schritt für Schritt näher.

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