+++ Fünf Fragen zum “Tag der Frauen in der Wissenschaft” +++ Starkes Vorbild: Entwicklungsingenieurin Stella Clarke +++ Driven by diversity +++
Quer durch alle Ressorts arbeiten zahlreiche Frauen bei der BMW Group an wissenschaftlichen und technischen Themen – und es könnten noch mehr sein. Der „Internationale Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft“ der UNESCO am 11. Februar erinnert einmal mehr daran, welche Rolle weibliche Kreativität und Denkweisen in Wissenschaft und Technik spielen und dass diese noch immer unterrepräsentiert sind.
Eine Frau, die für die Wissenschaft brennt und damit als inspirierendes Vorbild dient, ist Stella Clarke. Die Australierin studierte Maschinenbau in ihrem Heimatland, in den USA und in München. Seit 2007 arbeitet sie als Entwicklungsingenieurin bei der BMW Group. Dort entwickelte sie die Idee, mit der innovativen E Ink-Technologie die Farbe der Fahrzeugkarosserie zu verändern und so Informationen zu transportieren. Entstanden ist der BMW iX Flow, der erstmals auf der CES in Las Vegas 2022 präsentiert wurde.
Im Interview erzählt sie, woher ihre Begeisterung für Technik kommt und welche Tipps sie jungen Frauen mit auf den Weg für eine Karriere in den Ingenieurswissenschaften gibt.
Frau Clarke, geben Sie uns bitte einen kurzen Einblick in Ihren Berufsalltag. Wie sieht Ihr Arbeitsplatz aus?
Stella Clarke: Ich arbeite im Forschungs- und Technologiehaus in Garching bei München. Hier hat unser kleines E Ink-Team einen Raum, der als Büro dient, in dem aber auch gebastelt wird: Es gibt 3D-Drucker, Messgeräte, elektronische Werkzeuge – wir probieren viel aus, es ist sehr lebendig bei uns. Außerdem arbeiten wir intensiv mit der Werkstatt im Erdgeschoss zusammen, vor allem jetzt, wo wir in der Endphase unseres aktuellen Projekts sind. Selbst handwerklich zu arbeiten, zum Beispiel Prototypen zu bauen, macht einfach Spaß. Als E Ink noch ein ganz kleines Projekt war, habe ich noch viel mehr selbst gemacht.
Sie haben schon als Kind und Jugendliche großes Interesse an Mathe und Technik gehabt – wie hat sich das gezeigt und was hat Sie bestärkt, diese Neigung weiter zu verfolgen?
Kinder sind Forscher und wollen verstehen, wie die Welt funktioniert. Ich war ein sehr neugieriges Kind und habe mit Begeisterung ausrangierte technische Geräte auseinandergenommen und untersucht. Eine sehr gute Mathenote in der Schule hat mir Selbstbewusstsein gegeben und einen Schneeballeffekt ausgelöst: Es kamen mehr Erfolge, Mathe wurde meine Stärke. Später kamen die Fächer Physik und Chemie dazu und plötzlich gab es Antworten auf meine Fragen.
An meiner Mädchenschule gab es außerdem ein Fach, in dem wir experimentieren konnten. Wir haben einen Roboterarm programmiert, Videos geschnitten und mit Holz gearbeitet. Da ging ich auf. Ohne dieses Fach hätte ich wohl nicht so eine Begeisterung für Technik entwickelt und schließlich Maschinenbau studiert, denn meine Eltern hatten keinen technischen Hintergrund und konnten mir das nicht mitgeben. Mein Fazit: Kinder brauchen Ermutigung und Inspiration, um sich mit Wissenschaft und Technik auseinander zu setzen.
Was begeistert Sie an Ihrer Tätigkeit und was ist das Spannende an einer Karriere in den Ingenieurwissenschaften?
Als Ingenieurin kann ich jeden Tag meiner Leidenschaft nachgehen, Neues zu schaffen und Dinge voranzubringen. Produkte zu entwickeln, die in die Welt hinausgehen, ist das Faszinierende an diesem Beruf. Ich bin in der Vorentwicklung, wo man maximal kreativ sein kann. E Ink ist ein klassisches Beispiel dafür, wie aus einer kleinen Idee ein Erfolg wird. In den Ingenieurswissenschaften gibt es viele Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Es gibt Leute wie mich, die gerne in der ganz frühen Phase an neuen Ideen tüfteln, bis hin zu denen, die tief in die Details eintauchen und Serien entwickeln. Ich selbst habe in der Serienentwicklung angefangen und habe mich immer mehr in Richtung Vorentwicklung bewegt. Oft merkt man erst, wie man tickt, wenn man mittendrin ist.
Sie haben in Australien, den USA und in München studiert. Stellen Sie kulturelle Unterschiede fest, was das Thema Frauen in der Wissenschaft angeht?
Ja, die gibt es. Ich erlebe Deutschland als sehr traditionell. Wenn man ein Kind bekommt, wird einem in Deutschland eher als in vielen anderen Ländern ein schlechtes Gewissen gemacht, dass man schon wieder arbeitet, obwohl man ein kleines Kind hat. Das habe ich selbst erlebt als Mutter einer Tochter. Erschwerend kommt hinzu, dass die Schule mittags aus ist – wie soll man da arbeiten? Andere Länder sind in Bezug auf Mindset und Rahmenbedingungen wesentlich fortschrittlicher.
Was geben Sie jungen Frauen mit auf den Weg, die noch unsicher sind, ob eine technische Karriere das richtige für sie ist?
Trau dich! Ich empfehle, sich einmal einen Makerspace* vor Ort anzuschauen und sich durch die Werkstätten führen zu lassen, in denen jeder mit Technik experimentieren kann. Wenn man eine Leidenschaft dafür hat, spürt man spätestens in diesem Umfeld, ob es einem liegt und Spaß macht. Ich selbst arbeite dort sehr, sehr gerne; es ist eine großartige Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen. Es gelten die Mottos „Du kannst es“ und „Zeig, was möglich ist“. Ich glaube, Frauen brauchen einfach manchmal mehr Ermutigung.
*Anmerkung der Redaktion: Maker Spaces folgen dem Konzept des forschenden Lernens und ermöglichen als offene Lernräume, niedrigschwelligen Zugriff auf Werkzeuge, Materialien, Technik und Wissen.